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Pressemitteilungen

Sommerinterview

Das Jahr 2023 gestaltet sich im Unterschied zu vorherigen Jahren wieder normaler. Wie blicken Sie auf die letzten Jahre zurück?
Blickt man auf die Jahre 2020 und 2021 zurück, war damals die Corona-Pandemie das ganz beherrschende Thema. Anfang 2022 liefen die Schutzmaßnahmen aus und wir konnten wieder aufhören Maske zu tragen oder Abstand zu halten. Doch gleichzeitig wurde die Welt von einem weiteren Ereignis erschüttert, dem Angriff der Russischen Föderation auf die Republik Ukraine. Dieser Krieg in Europa ist schrecklich und begleitet seither auch unseren Alltag. Neben den menschlichen Tragödien, die sich abspielen, der hohen Inflation und den Lieferengpässen, wird u. a. auch die deutsche Energieversorgung beeinträchtigt. Wir haben uns in der Vergangenheit zu abhängig von russischem Gas gemacht. Das war rückblickend ein Fehler der deutschen Politik. Im letzten Jahr stand daher das Thema Energieversorgung stark im Fokus. Einerseits waren im Winter alle dazu angehalten, Energie zu sparen. Andererseits hat man sich besonders viele Gedanken dazu gemacht, wie wir unsere Energieversorgung neu aufstellen bzw. wie wir den Umstieg auf die regenerativen Energien schneller schaffen können. Ich denke, dass inzwischen den meisten klargeworden sein sollte, dass erneuerbare Energien nicht nur gut für den Klimaschutz sind, sie produzieren auch sehr günstig Strom. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird also auch dazu führen, dass der Strompreis sinkt bzw. stabil bleibt.

Sie sprechen vom Klimaschutz, was tut die Gemeinde zum Schutz des Klimas?
Die Gemeinde Kressbronn a. B. steht beim Klimaschutz gut da. Wir haben in diesem Jahr ein umfassendes Klimaschutzkonzept ausgearbeitet, das fast alle Themenbereiche abdeckt. Der Gemeinderat hat das Konzept im Juni bereits erstmals beraten. Es ist vorgesehen, im Oktober das Konzept zu beschließen und weitere politische Grundsatzbeschlüsse zu fassen. Wir wollen damit ein Zeichen für einen aktiven und konsequenten Klimaschutz setzen. Viele Maßnahmen wurden bereits schon umgesetzt. So wurden u. a. in der Vergangenheit viele kommunale Gebäude energetisch saniert. Wir prüfen nun, wo weiterer Handlungsbedarf besteht. Gleiches gilt für neue Technologien in der Wärmeerzeugung. Bei der Stromeinsparung haben wir schon vor einigen Jahren mit der Umstellung der ersten Hälfte der Straßenbeleuchtung auf LED einen großen Schritt gemacht. In diesem und nächstem Jahr wird der Rest auf LED umgestellt. Auch in den kommunalen Gebäuden installieren wir gerade schrittweise die LED-Beleuchtung. Das spart nicht nur Energie, sondern langfristig auch Geld. Bei der Stromerzeugung können wir schon lange auf eigene kommunale Photovoltaikanlagen auf Dächern öffentlicher Einrichtungen verweisen. In diesem Jahr kommen weitere Photovoltaikanlagen auf dem Nebengebäude des Rathauses, der Aussegnungshalle, dem Kleinkinderhaus Pünktchen, dem Naturstrandbad, der Bücherei sowie dem Bildungszentrum Parkschule dazu. Wir sind auch schon in der Prüfung, weitere kommunale Gebäude auszustatten. Unser Ziel ist es, dass die Gemeinde ihren eigenen Strombedarf rein rechnerisch selbst erzeugen kann. Das wird uns auch gelingen. Im Verkehr setzen wir auf die Elektromobilität. 2019 haben wir fünf Doppelladesäulen auf öffentlichen Parkplätzen im Gemeindegebiet installiert. 2022 sind weitere sieben Doppelladesäulen im Gemeindegebiet in Zusammenarbeit mit dem Regionalwerk Bodensee errichten worden, um einen nahezu flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur zu erreichen. Wir werden außerdem drei neue Dienstfahrzeuge mit Elektromotor beschaffen. Unser Fuhrpark wird also nach und nach umgerüstet. Die Elektromobilität ist meines Erachtens ein zentraler Bestandteil der Energiewende. Das hat die Automobilindustrie inzwischen erkannt. Deshalb ist auch die Forschung schon deutlich weiter. Die meisten Bedenken hinsichtlich der Elektromobilität (z. B. Reichweite, Rohstoffe) können inzwischen ausgeräumt werden. Im neuen Baugebiet Bachtobel wird übrigens ein kaltes Nahwärmenetz entstehen. Der Betrieb ist nahezu CO2-neutral, das neue Baugebiet kann dann künftig klimaneutral versorgt werden.

Im neuen Baugebiet Bachtobel soll auch eine Kinderbetreuungseinrichtung entstehen. Wie geht die Gemeinde mit dem stark gestiegenen Betreuungsbedarf um?
Der Bedarf an neuen Kinderbetreuungsplätzen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Die Gemeinde schreibt schon seit vielen Jahren einen Kinderbetreuungsbedarfsplan fort. Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen ist jedoch so schnell gestiegen, dass wir trotz aller Bemühungen nicht mehr hinterhergekommen sind. So soll im neuen Baugebiet Bachtobel eine fünfgruppige Betreuungseinrichtung entstehen, aber von der Planung bis zur Fertigstellung vergehen im öffentlichen Sektor ca. vier bis fünf Jahre und gerade beim Bau kommen oft unvorhergesehene Themen, die zu einer Verzögerung führen. Auch im Baugebiet Moos I ist eine Kinderbetreuungseinrichtung angedacht. Wir haben aber erkannt, dass wir kurzfristig eine andere Lösung brauchen. Deshalb planen wir gerade einen neuen Naturkindergarten mit zwei Gruppen. Für eine solche Einrichtung benötigt man kein Gebäude mit langer Planungs- und Bauzeit. Allerdings führt der massive Fachkräftemangel ebenfalls zu Engpässen in der Kinderbetreuung. In ganz Deutschland werden zurzeit Erzieherinnen und Erzieher gebraucht und eingestellt. Der Personalmarkt ist fast leer. Als Gemeinde nutzen wir deshalb alle denkbaren Werbemöglichkeiten. Sogar Radio- und Kinowerbung haben wir schon geschalten. Wir tun wirklich alles, was möglich ist, um Personal zu gewinnen und weitere Betreuungsplätze zu schaffen. Allerdings möchten wir nicht auf Qualität verzichten. Eine qualitativ gute Betreuung steht für uns an erster Stelle. Die Eltern können sich deshalb auch künftig immer darauf verlassen, dass ihre Kinder in den Betreuungseinrichtungen der Gemeinde Kressbronn a. B. bestens betreut und versorgt werden.

Ein anderes Thema, das die Menschen gerade sehr beschäftigt, ist die Aufnahme von Flüchtlingen und wie es damit weitergeht. Wie sieht es in Kressbronn a. B. aus und braucht es nach Ihrer Meinung eine Obergrenze?
Wir sind als Gemeinde für die sogenannte Anschlussunterbringung zuständig. Das heißt, uns werden also Flüchtlinge zugewiesen, die entweder als Flüchtling amtlich anerkannt sind oder sich seit mehr als 24 Monaten ohne Anerkennung auf deutschem Boden befinden. In Kressbronn a. B. erfolgt die Flüchtlingsunterbringung weitgehend dezentral. Die Gemeinde besitzt mehrere Gebäude an verschiedenen Orten im Gemeindegebiet, die für die Unterbringung genutzt werden. Die Flüchtlinge werden dabei durch Integrationsbeauftragte der Gemeinde betreut. Die meisten ukrainischen Flüchtlinge sind privat untergekommen, in den kommunalen Unterbringungen befinden sich daher ganz überwiegend Menschen aus arabischen und afrikanischen Ländern. Bislang hat die Unterbringung grundsätzlich gut funktioniert. Leider verspüren wir jedoch die Tendenz, dass es zunehmend zu Problemen kommt. Als Gemeinde handeln wir in diesen Fällen immer zügig und konsequent. Die uns zur Verfügung stehenden Mittel sind allerdings begrenzt. Fakt ist jedenfalls, dass wir die Kapazitätsgrenze erreicht haben. Wir können nicht noch mehr Menschen aufnehmen. Vor allem aber – und das ist entscheidend – können wir nicht noch mehr betreuen. Ohne Betreuung kann Integration aber nicht gelingen. Deshalb sage ich ganz deutlich: ja, wir brauchen eine Obergrenze. Die Obergrenze allein wird die Probleme aber nicht lösen. Wir brauchen vor allem schärfere Regelungen zur Abschiebung. Es gibt leider zu viele Flüchtlinge, die Aufnahmeplätze belegen, obwohl sie ihr Recht auf Hilfe durch Straftaten verwirkt haben oder gar nicht auf unsere Hilfe angewiesen sind. Der Bundesgesetzgeber und die Bundesregierung sind hier dringend aufgefordert zu handeln. Es passiert aber wenig bis gar nichts. Ich verstehe das nicht. Viele Bürgerinnen und Bürger auch nicht.

Die Parkturnhalle wird ebenfalls für die Flüchtlingsunterbringung genutzt?
Ja, die Parkturnhalle wird seit September 2022 vom Landratsamt Bodenseekreis für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, für die das Landratsamt selbst zuständig ist. Hier handelt es sich also um Personen, die noch nicht als Flüchtling anerkannt sind oder sich seit weniger als 24 Monaten in Deutschland aufhalten. Das Landratsamt hat genauso wie wir als Gemeinde Probleme, weitere Gebäude für die Unterbringung zu finden. Deshalb war es auf die Anmietung von Hallen angewiesen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es richtig war, das Landratsamt hierbei zu unterstützen. Allerdings haben wir dem Bodenseekreis mitgeteilt, dass wir den Mietvertrag zum 31. Dezember 2023 beenden wollen. Es war immer klar, dass das keine dauerhafte Nutzung zu diesem Zweck sein wird. Die Parkturnhalle wird daher ab 2024 dem Sportbetrieb zurückgegeben.

Die neue Grundsteuer bereitet vielen Eigentümern Sorgen. Was können Sie den Grundstücksinhabern sagen?
Zunächst möchte ich deutlich sagen, dass mich die Reform der Grundsteuer ärgert. Zwar geht diese auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zurück, aber wie sie nun in Baden-Württemberg konkret ausgestaltet wird, ist alleinige Entscheidung des Landesgesetzgebers gewesen. Der Bund hatte damals die Möglichkeit eröffnet, dass die Länder ein eigenes abweichendes Berechnungsmodell festlegen. Baden-Württemberg hat das getan. Man hatte damals große Sorge vor einem hohen Bürokratieaufwand, deshalb hat man die Berechnung der Grundsteuer vereinfacht und nur noch an den Grundstückswert gekoppelt. Das darauf befindliche Gebäude spielt also keine Rolle mehr. Das heißt, dass künftig Grundeigentümer mit großem bzw. neuem Haus und kleinem Grundstück weniger Grundsteuern zahlen als Grundeigentümer mit kleinem bzw. altem Haus und großem Grundstück. Vorausgesetzt sie liegen im selben Bodenbewertungsbereich. Durch das neue Berechnungsmodell wird es zwangsläufig zu einer Umverteilung der Steuerlast kommen. Wer größere zentralere Grundstücke hat, wird künftig mehr zahlen müssen. Wer in einem Mehrfamilienwohnhaus oder auf kleineren Grundstücken wohnt, weniger. Das könnte manche Grundeigentümer, die ihr Haus von den Eltern geerbt haben und das Haus der einzige nennenswerte Vermögenswert ist, in Schwierigkeiten bringen. Nun gibt es bereits die ersten Stimmen, die sagen, die Gemeinde müsse dann den sogenannten Hebesatz senken und damit die für einige mit der Reform verbundene Steuererhöhung verhindern. Das können wir aber nicht so einfach tun. Denn für uns als Gemeinde ist es entscheidend, dass das Gesamtaufkommen der Grundsteuern nicht kleiner wird. Wir wollen also den Hebesatz im Ganzen grundsteuerneutral festlegen. Die vom Land bewusst gewollte oder zumindest in Kauf genommene Umverteilung zwischen den Grundsteuerschuldnern können wir aber nicht verhindern. Ich empfehle jedem, der sich darüber ärgert, an Landesregierung und Landtagsabgeordnete zu schreiben.

Wie steht es um die Biotopverbundplanung in der Gemeinde?
Die Gemeinde arbeitet gerade an einem Konzept zur Ausweisung neuer Biotope und zu deren Vernetzung miteinander. Dadurch soll die biologische Artenvielfalt gestärkt werden. Wir haben dazu auch einen Beirat aus Vertretern des Gemeinderates, der Landwirtschaft und des örtlichen B.U.N.D. gebildet, der das Konzept berät und mitausarbeitet. Das Konzept soll Ende des Jahres im Gemeinderat vorgestellt werden. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Wichtig ist mir dabei zu betonen, dass wir keine landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücke gegen den Willen des Eigentümers einbeziehen. Das war immer eine große Sorge aus der Landwirtschaft. Hier kann ich Entwarnung geben. Wir können mit dem Konzept etwas Gutes für die freie Natur tun, ohne die Landwirtschaft dabei zu gefährden oder Natur und Landwirtschaft gegeneinander auszuspielen.

Sie sind nun inzwischen in der zweiten Amtsperiode, merken Sie einen Unterschied zur ersten Amtszeit?
Nicht wirklich. Die Tätigkeit ist prinzipiell dieselbe wie in der ersten Amtszeit. Es bleibt für mich nach wie vor ein sehr spannendes Aufgabenfeld. Natürlich nimmt die Erfahrung jeden Tag zu. Heute würde ich manche Dinge anders angehen, wie ich das vielleicht am Anfang getan habe. Einiges würde ich aber genau wieder so machen. Für die Gemeinde bedeutet eine weitere Amtszeit des Bürgermeisters jedenfalls Kontinuität und Stabilität. Ich denke, die Richtung, die wir in den letzten acht Jahren eingeschlagen haben, war gut und richtig. Das haben mir die Menschen durch die Wiederwahl auch bestätigt. Darauf möchte ich aufbauen. Es gibt noch viel für unsere Gemeinde zu tun.

Pressemitteilung vom 12.09.2023