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VGH fordert erneut Änderungen

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) für Baden-Württemberg hat mit Urteilen vom 14. Oktober 2022 (Az.: 2 S 407/22 und 2 S 1589/22) erneut die Kurtaxesatzung der Gemeinde Kressbronn a. B. in Bezug auf die Erhebung einer Kurtaxe für Bootsliegeplätze für unwirksam erklärt. Die Gemeinde hat durch Beschluss des Gemeinderates vom 15. Dezember 2022 bereits auf die Vorgaben der Rechtsprechung reagiert und die Änderungen an der Kurtaxesatzung vorgenommen.

Erstmalige Erhebung der Kurtaxe für Bootsliegeplätze

Die Gemeinde Kressbronn a. B. erhebt seit vielen Jahren eine Kurtaxe. Die Kurtaxe ist eine Abgabe, die ortsfremde Personen ohne Wohnsitz in der Gemeinde bezahlen müssen, denen die Möglichkeit zur Benutzung der kommunalen Einrichtungen und Veranstaltungen offensteht. Kurtaxe zahlen also insbesondere Übernachtungsgäste in der Gemeinde, Tagestouristen sind dagegen schon wegen des hohen Erfassungsaufwandes explizit aus der Pflicht zur Entrichtung der Kurtaxe ausgenommen. Mit Beschluss des Gemeinderates vom 13. März 2019 hatte die Gemeinde die Kurtaxepflicht auch auf die Inhaber von Bootsliegeplätzen in einer Hafenanlage ausgeweitet. Damals wurden sowohl Gastliegeplätze wie auch Dauerliegeplätze erfasst. Erhoben hat die Gemeinde die Kurtaxe jedoch nur für Boote, die eine Übernachtungsmöglichkeit haben.

Erstes Urteil des Verwaltungsgerichtshofes

Die Meichle und Mohr GmbH sowie der Angelsportverein Kressbronn e. V. und der Motor Yacht Club Obersee e. V. hatten gegen die neue Regelung einen Normenkontrollantrag beim Verwaltungsgerichtshof gestellt. Dieser entschied mit Urteil vom 13. Juli 2021 (Az.: 2 S 2801/19), dass die Kurtaxesatzung der Gemeinde mit Blick auf die Regelungen zur Kurtaxe für Bootsliegeplätze unwirksam sei. Zwar bestätigte der VGH die grundsätzliche Möglichkeit der Erhebung der Kurtaxe für Bootsliegeplätze, kritisierte jedoch die konkrete Ausgestaltung der Regelungen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es an der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Bodensee nicht zum Gemeindegebiet gehöre, festhalte. Da sich Bootsliegeplätze auf dem Bodensee befänden, könne die Gemeinde mithin nicht an die Übernachtungsmöglichkeit auf einem Boot als Grund für die Kurtaxepflicht anknüpfen. Die Bootsliegeplätze lägen also nicht in ihrem Hoheitsgebiet, dies gelte auch für die Wasserflächen im Hafen. Mithin sei die Erhebung einer Kurtaxe für Gastliegeplätze nicht möglich. Allerdings könne die Gemeinde eine pauschale Jahreskurtaxe, insbesondere für Dauerliegeplätze, erheben und müsse dies unabhängig davon, ob sich das jeweilige Boot für Übernachtungen eigne oder nicht. Das Gericht erläuterte weiter, dass für die Erhebung der Jahreskurtaxe nicht entscheidend sei, ob das jeweilige Boot über eine Steganlage mit dem Gemeindegebiet verbunden sei, denn die Bootsliegeplatzinhaber seien als qualifizierte Tagestouristen zu werten. Dem liege die Annahme zu Grunde, dass den Inhabern von Bootsliegeplätzen, die sich über das Jahr hinweg auf ihrem Boot bzw. der Hafenanlage aufhalten würden, die Möglichkeit zur Benutzung der kommunalen Einrichtungen und Veranstaltungen biete. Dabei wies das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass die Möglichkeit allein die Kurtaxepflicht begründe, ob die Bootsinhaber tatsächlich davon Gebrauch machen würden, spiele keine Rolle. Kritisch an der bisherigen Satzung der Gemeinde sah der VGH daher die Erhebung der Kurtaxe für die Gastlieger sowie zudem das Fehlen von Regelungen in der Satzung, die eine Doppelerhebung für Bootsliegeplatzinhaber zum Beispiel bei gleichzeitigen Innehabens einer Zweitwohnung regelten. Aus den genannten Gründen erklärte der VGH die Satzung in Bezug auf die Kurtaxeerhebung für Bootsliegeplätze daher für nichtig, im Übrigen für rechtmäßig.

Erste Anpassung der Kurtaxesatzung an die Rechtsprechung

Die Gemeinde passte in Folge der Rechtsprechung ihre Kurtaxesatzung an. Die Erhebung der Kurtaxe für Gastliegeplätze wurde ersatzlos gestrichen, es wurde zudem eine Regelung eingeführt, wonach eine Doppelerhebung ausgeschlossen ist. Mit der Neufassung der Kurtaxesatzung zum 1. Januar 2022 führte die Gemeinde erstmals die Echt Bodensee Card ein. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die kostenlose Nutzung des ÖPNV für Kurgäste. Im Gegenzug musste jedoch der Kurtaxesatz deutlich erhöht werden. Im Rahmen der Neuregelung nahm die Gemeinde zudem eine Regelung zur Verwaltungsvereinfachung auf. Diese beinhaltete, dass für die pauschale Jahreskurtaxe grundsätzlich zwei Personen veranlagt werden. Die pauschale Jahreskurtaxe kalkulierte die Gemeinde bei Zweitwohnungen mit 50 Nutzungstagen, bei Bootsliegeplätzen mit 30 Nutzungstagen. Diese Sachlage hatte zur Folge, dass für Dauerliegeplätze eine pauschale Jahreskurtaxe von 198 Euro pro Liegeplatz (3,30 € x 30 Tage x 2 Personen) fällig wurde.

Zweites Urteil des Verwaltungsgerichtshofes

Gegen die geänderte Kurtaxesatzung legten die Meichle und Mohr GmbH sowie der Angelsportverein Kressbronn e. V. und der Motor Yacht Club Obersee e. V. erneut Normenkontrollantrag beim VGH ein. Erstmals stellten auch die Kressbronner Segler e. V. einen eigenen Normenkontrollantrag. Erneut wurde bezweifelt, dass die Gemeinde eine Kurtaxe für Bootsliegeplätze erheben dürfe. Außerdem wurde die Höhe der pauschalen Jahreskurtaxe für unangemessen erachtet. Die meisten Bootsliegeplatzinhaber würden sich weniger als 20 Tage im Jahr auf dem Boot aufhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied nun mit Urteil über die beiden Normenkontrollanträge am 14. Oktober 2022. Die schriftliche Begründung ging bei der Gemeinde jedoch erst am 19. Dezember 2022 ein. Das Gericht erklärte die Kurtaxesatzung der Gemeinde in Bezug auf die Bootsliegeplätze erneut für unwirksam. Zwar festigte es seine Rechtsprechung, wonach eine Kurtaxe für Bootsliegeplätze in einer Hafenanlage für Dauerliegeplätze in Form der pauschalen Jahreskurtaxe erhoben werden dürfe, sah jedoch die Erhebung für pauschal zwei Personen mangels Rechtsgrundlage als unzulässig an. Das Kommunalabgabengesetz enthalte eine abschließende Regelung des Kreises der Beitragspflichtigen. Dies könne durch Satzung nicht erweitert werden. Anders als bei Zweitwohnungen oder Dauercampingplätzen gebe es bei Bootsliegeplätzen keine Anknüpfungspunkte für eine generelle Vermutung, dass Ehepartner oder Kinder einen Bootsliegeplatz mitbenutzten. Das Gericht führt weiter aus, dass mit Blick auf die Jahrespauschale für Dauerliegeplätze nachvollziehbar zu begründen sei, wie der Ansatz an prognostizierten Nutzungstagen zu Stande käme. Dabei bewertete es die Festlegung von 30 Nutzungstagen als für zu hoch angesetzt. Es könne nicht angenommen werden, dass ein Liegeplatzinhaber jährlich jedes Wochenende auf seinem Liegeplatz verbringe. Außerdem seien Ankunfts- und Abreisetag wie üblich bei der Kurtaxe als ein Tag zu werten. Dementsprechend legte der VGH die nicht näher zu begründende Obergrenze auf konkret 15 Nutzungstage fest. Wolle eine Gemeinde eine höhere Jahrespauschale erheben, müsse sie jeden weiteren Tag belegen und begründen. Unerwartet ging das Gericht auch auf die pauschale Jahreskurtaxe für Zweitwohnungsinhaber ein. In Abweichung und Änderung früherer Urteile des Verwaltungsgerichtshofes prägte der VGH seine Rechtsprechung neu und reduzierte die Obergrenze bei Zweitwohnungen von 50 auf 30 Nutzungstage. 

Zweite Anpassung der Kurtaxesatzung an Rechtsprechung

Die Gemeinde hat mit Beschluss des Gemeinderates vom 15. Dezember 2022 die Kurtaxesatzung an die Rechtsprechung durch zwei Änderungssatzungen angepasst. Bei der pauschalen Jahreskurtaxe wird künftig daher nur noch eine Person angenommen. Die zweite Person kann deshalb nur noch bei freiwilliger Meldung berücksichtigt werden. Außerdem wird künftig nicht mehr von 30 Tagen, sondern von 15 Tagen pauschaler Nutzung ausgegangen. Der allgemeine Tageskurtaxesatz steigt ab 2023 von 3,30 Euro auf 3,50 Euro im Sommer und von 1,30 Euro auf 1,50 Euro im Winter. Damit reduziert sich die pauschale Jahreskurtaxe für Bootsliegeplatzinhaber auf 52,50 Euro. Trotz der Erhöhung des allgemeinen Kurtaxesatzes gehen der Gemeinde durch die Rechtsprechung zu den Bootsliegeplätzen ca. 136.000 Euro an Einnahmen verloren. 

Da die Begründung zum Urteil erst nach der letzten Gemeinderatssitzung im Jahr 2022 erfolgte, eine Beschlussfassung für das Jahr 2023 aber erfolgen musste, konnte die nicht zu erwartende Rechtsprechung zur Begrenzung der Zweitwohnungen auf einen pauschalen Nutzungsansatz von 30 Tagen noch nicht eingearbeitet werden. Dies wird voraussichtlich in der Januar-Sitzung des Gemeinderates durch eine 3. Änderungssatzung erfolgen. „Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Urteile zur Kurtaxe für Bootsliegeplätze in Kressbronn a. B. die Rechtsprechung zu diesem Thema für ganz Baden-Württemberg geprägt und konkretisiert. Die gesetzlichen Regelungen waren leider sehr oberflächlich, deshalb haben wir durch die Urteile nun mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erhalten. Nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass der VGH die Bootsliegeplatzinhaber besserstellt, als andere Kurtaxepflichtige. Das entspricht jedenfalls nicht unserem sozialen Gerechtigkeitsempfinden, als Gemeinde werden wir diese Entscheidung aber akzeptieren und umsetzen“, so Bürgermeister Daniel Enzensperger. Es sei zudem von Seiten der Gemeinde nicht geplant, Rechtsmittel gegen die Urteile des Verwaltungsgerichtshofes einzulegen.

VGH Urt. v. 14.10.2022 (Az. 2 S 407_22)

VGH Urt. v. 14.10.2022 (Az. 2 S 1589_22)

Pressemitteilung vom 23.12.2022