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50 Jahre Gemeindetag Baden-Württemberg

50 Jahre Gemeindetag Baden-Württemberg: Städte und Gemeinden fordern Realitätssinn und mehr kommunale Selbstverwaltung
Jäger: „Kommunen sind die gelebte Brandmauer gegen extremistische und antidemokratische Entwicklungen“

Die Mitgliederversammlung und Kommunalpolitische Kundgebung des Gemeindetags Baden-Württemberg fand heute unter Mitwirkung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann MdL in Villingen-Schwenningen statt. Am Nachmittag diskutierten Prof. Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Thomas Strobl, Stellvertretender Ministerpräsident und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen mit Präsident Steffen Jäger zur Rolle der Kommunen in der Demokratie. „Die Städte und Gemeinden und ihre Selbstverwaltungshoheit bilden ein kräftiges Fundament, um tragfähige Lösungen für die Zukunft zu finden“, so Gemeindetagspräsident Steffen Jäger in seiner Rede bei der Kommunalpolitischen Kundgebung des Gemeindetags, mit der in diesem Jahr auch das 50 jährige Bestehen des mitgliederstärksten Kommunalen Landesverbands gefeiert wurde. Der Leitgedanke einer kommunalen Interessensvertretung sei, so Jäger, die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. „Auch im modernen 21. Jahrhundert ist der Gedanke, einer starken kommunalen Selbstverwaltung noch immer der Grundanker unserer Demokratie.“

Der Gemeindetagspräsident betonte die Notwendigkeit für einen Veränderungsprozess. „Die Menschen verlieren zusehends den Glauben in den Staat.“ Gründe dafür seien neben der Dauerkrisen auch die staatliche Überregulierung. „Die Zeiten von zusätzlichen Standards, Rechtsansprüchen und staatlichen Leistungszusagen müssen vorbei sein. Es geht um eine gute und nachhaltige Zukunft unseres Landes.“ Dazu sei eine gesamtstaatliche Fokussierung auf das Wesentliche notwendig. Jäger betonte, die mit dem Land verabredete Entlastungsallianz als auch der neue Normenkontrollrat BW könnten erste Schritte für eine notwendige Aufgaben- und Standardkritik sein. Der Gemeindetagspräsident machte deutlich: „Egal ob wir die aktuelle Situation um die Aufnahme geflüchteter Menschen, das Gelingen der Energie- und Wärmewende, die Mobilitäts- und Verkehrswende, den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026/27 oder den Zielkonflikt Fläche beleuchten, müssen wir feststellen: Gesetzlicher Anspruch und kommunale Wirklichkeit klaffen auseinander. Allein, weil die notwendigen finanziellen, personellen oder infrastrukturellen Ressourcen nicht verfügbar sind. Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein: Politik kann nicht die Grundrechenarten überwinden. Und daher muss gelten: Wer eine Leistung zusagt, der muss auch gewährleisten, dass diese Leistungen dauerhaft erbracht werden kann.“ Jäger appellierte an die anwesenden Parlamentarier aus Europa, Bund und Land: „Alle demokratischen Kräfte, die in diesem Land Verantwortung tragen, müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Wer populistischen, extremistischen und antidemokratischen Kräften die Stirn bieten will, der muss die Realitäten ernst nehmen. Zu dieser Realität gehört offen zu bekennen, wo die Grenzen des staatlich Leistbaren liegt.“ Die Städte und Gemeinden dürften nicht stetig weiter überfordert werden. Stattdessen brauche es eine konsequente Anpassung der staatlichen Leistungsversprechen auf das tatsächlich Leistbare. Nur so könne das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates wieder gestärkt werden. Dazu brauche es aber auch eine Rückbesinnung auf die Kommunale Selbstverwaltungshoheit. „Die Kommunen sind in ihrer Überparteilichkeit, in ihrer Bürgernähe und ihrer nüchternen Sachorientierung die gelebte Brandmauer gegen extremistische und antidemokratische Entwicklungen. Unsere Kommunen sind damit das Fundament für die Zukunft unserer Demokratie und unseres Landes.“

Hintergrund:
Zum 1. Januar 1973 schlossen sich der Verband Badischer Gemeinden und der Württembergische Gemeindetag zusammen und bilden seither den kommunalen Landesverband für kreisangehörige Städte und Gemeinden. Kommunale Interessenvertretung gibt es seit über 100 Jahren in Baden-Württemberg.

Die Rede von Präsident Steffen Jäger finden Sie hier.

Pressemitteilung des Gemeindetages vom 26.10.2023