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Pressemitteilungen

Offener Brief

Sehr geehrter Herr Minister Hauk,

mit Beschluss vom 22. Juli 2020 hat der Landtag von Baden-Württemberg auf gemeinsame Gesetzesinitiative des Landwirtschafts- und des Umweltministeriums das Gesetz zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (Biodiversitätsstärkungsgesetz) ohne Änderungen angenommen. Ziel des Gesetzes ist die Stärkung der Artenvielfalt, insbesondere im Bereich der Insekten. Die Stärkung der Artenvielfalt in Baden-Württemberg ist ein gutes und richtiges Ziel. Es ist aber unzumutbar, dieses Ziel allein den landwirtschaftlichen Betrieben aufzubürden. Das neue Gesetz sieht neben einem Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in bestimmten Bereichen vor allem vor, dass bis zum Jahr 2023 mindestens 10 %, bis zum Jahr 2027 mindestens 13 % und bis zum Jahr 2030 mindestens 15 % Offenland dem landesweiten Biotopverbund angehören soll. Zum Offenland gehören keine Siedlungsflächen, Wald- und Wasserflächen. So betrachtet sind 15 % Fläche sehr viel. Für die Umsetzung der Biotopverbünde auf der jeweiligen Gemarkung sind die Gemeinden verantwortlich. Einerseits ist es gut, dass die Gemeinden hierbei die Planungshoheit behalten dürfen, andererseits wird damit aber auch die Verantwortung für die Umsetzung dieser mitunter auch unpopulären Aufgabe auf die Gemeinden abgeladen.

Die Landwirtschaft wird durch die Umsetzung – auch der hier nicht aufgezählten weiteren – Vorgaben des neuen Gesetzes mitunter stark beeinträchtigt. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsbestandteil ist. Landwirtschaft sichert die Nahrungsmittelproduktion, Landwirte pflegen die Landschaft und besonders am Bodensee trägt die Landwirtschaft mit den Sonderkulturen zur touristischen Attraktivität der Landschaft bei. Ohne die Landwirtschaft sähe es am Bodensee trist, öde und ungepflegt aus. Ohne die Landwirtschaft vor Ort, müssten wir mehr Lebensmittel aus anderen Ländern importieren, die noch geringere Schutzstandards haben als wir. Ohne die Landwirtschaft würden unsere Kinder denken, dass Kühe lila sind, Kartoffeln am Baum wachsen und Äpfel im Gewächshaus gezüchtet werden. Es darf deshalb nicht sein, dass durch die Umsetzung des Gesetzes landwirtschaftliche Betriebe in Produktionsschwierigkeiten oder finanzielle Notlagen geraten. Hier stehen bei dem zunehmenden internationalen Preisdruck Existenzen von Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes auf dem Spiel. Aus diesem Grund sind das Land Baden-Württemberg und auch die Kommunen aufgefordert, wenn schon so scharfe Ziele formuliert werden, die Landwirtschaft mitzunehmen, einzubeziehen und dabei auch durch finanzielle Anreize zu unterstützen. Natur- und Artenschutz muss eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein. Es wäre zu einfach, wenn sich alle anderen zurücklehnen und nur mit dem Finger auf die Landwirtschaft zeigen.

Ich möchte nun von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, wissen, welche Maßnahmen wird das Land Baden-Württemberg ergreifen, um die neuen strengen Vorgaben des Biodiversitätsstärkungsgesetzes nicht auf alleinige Kosten der Landwirtschaft umzusetzen? Welche Maßnahmen sind zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Betriebe vorgesehen?

Abschließend appelliere ich an Sie, das Land Baden-Württemberg und auch alle Bürgerinnen und Bürger, unsere Landwirtschaft nicht im Stich zu lassen. Jeder kann auch dazu beitragen, indem man beim Einkauf auf den Herstellungsort achtet und vorwiegend auf örtliche oder regionale Produkte zurückgreift. Dies stärkt unsere Landwirtschaft, trägt zum Klimaschutz bei und fördert den Gemeinsinn. Lassen Sie uns mit unserer Landwirtschaft und nicht gegen sie arbeiten.

Herzlichen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Enzensperger
Bürgermeister

Pressemitteilung vom 20.05.2020